Flucht oder Angriff? In stressigen und gefährlichen Situationen schütten die Nebennieren lebenswichtige Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus, die den Körper auf physische und psychische Herausforderung einstellen. So erhält er die Möglichkeit, angemessen zu reagieren. Eine Störung der Hormondrüse bringt das Gleichgewicht des Körpers durcheinander und sollte daher schnell behandelt werden. Als Ursache für Erschöpfung, Schlafstörung oder erhöhte Anfälligkeit für Infekte wird die Unterfunktion der Nebenniere bisher jedoch viel zu selten in Betracht gezogen.



Die Nebenniere und ihre Funktionen
Auf jeder der beiden Nieren sitzt eine kleine Hormondrüse, die sogenannte Nebenniere. Sie setzt sich aus zwei verschiedenen Gewebeschichten zusammen, die jeweils andere wichtige Hormone bilden.
Das Nebennierenmark produziert die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Sie regen unter anderem das Herz-Kreislauf-System an und setzen körpereigene Energiereserven frei. Dadurch ermöglichen sie dem Körper die gesunde Bewältigung von stressigen, körperlich und seelisch belastenden sowie anstrengenden Situationen.
In der Nebennierenrinde entstehen rund 50 Steroidhormone wie Aldosteron, das den Wassergehalt des Körpers beeinflusst, und Cortisol, das sich unter anderem den Glucose- und Proteinstoffwechsel auswirkt. Sexualhormone wie Östrogene sowie deren Vorstufe, das Dehydroepiandrosteron, werden ebenfalls in der Nebenniere produziert.

Die Nebennierenschwäche: unzureichende Hormonproduktion
Wenn die Nebenniere nur unzureichend funktioniert und zu wenig Hormone bildet, spricht man von einer Nebennierenschwäche. Sie kann sehr gefährlich sein und sollte unbedingt schnell behandelt werden, um ein Fortschreiten und somit eine Insuffizienz der Nebennieren zu vermeiden. Diese Unterfunktion wird als Morbus Addison bezeichnet, eine mildere Version davon ist die Adrenal Fatigue.

Auslöser für eine Nebennierenschwäche
In vielen Fällen liegt die Ursache einer Nebennierenschwäche in einer stressigen und erschöpfenden Lebensweise begründet. Steht der Körper über längere Zeit unter psychischer und / oder physischer Anspannung, schütten die Drüsen vermehrt Stresshormone aus. Kommt es zwischendurch zu keiner Entspannung und Erholungsphase, erreichen die Drüsen ihre Belastungsgrenzen und ermüden. In diesem Erschöpfungszustand sind sie nicht mehr in der Lage, die benötigten Hormone in ausreichender Menge zu produzieren. Das führt zu einem anhaltenden Erschöpfungsgefühl sowie weiteren begleitenden Symptomen.

Häufige Ursachen für die Krankheit sind:

Beruflicher Stress
Krankheiten, chronische Schmerzen oder Unfallfolgen
Infektionen und Entzündungen
Trauer
Trauma
Depressionen, Zwangsstörungen oder andere psychische Krankheiten
Wiederholter oder ständiger Schlafmangel über einen längeren Zeitraum
Ein vermehrter Koffein-Konsum
Alkohol- und Drogenkonsum
Persönliche Konflikte oder Beziehungsprobleme.
Ängste, zum Beispiel um die Gesundheit, vor Arbeitsplatzverlust oder vor finanziellen Problemen
Arbeitslosigkeit
Dauerhafte Einnahme von Medikamenten
Mangelerscheinungen durch eine unausgewogene, ungesunde Ernährung
Überlastung des Körpers, zum Beispiel durch Leistungssport
Und vieles mehr

In den meisten Fällen kommen verschiedene Probleme zusammen, die sich gegenseitig verstärken und so einen dauerhaften Stress-Zustand verursachen.

Symptome und Diagnose
Da viele Symptome der Nebennierenschwäche denen psychischer Krankheiten wie Burn-out und leichten Depressionen ähneln, wird eine Unterfunktion der Hormondrüsen oft nicht als Ursache in Betracht gezogen. Dabei ist eine korrekte Diagnose für eine erfolgreiche Behandlung unablässig.

Da die Drüse so viele verschiedene Hormone bildet, kann eine Vielzahl von Symptomen auf die Unterfunktion hinweisen. Mögliche Symptome für eine Nebennierenschwäche sind:

Starke und schnelle Erschöpfung
Anhaltende Müdigkeit, auch bei ausreichend langem Schlaf
Schlafstörungen
Körperliches Schwächegefühl
Schwindel
Antriebslosigkeit und Energiemangel, das Aufstehen am Morgen fällt zum Beispiel schwer
Niedriger Blutdruck
Niedrige Körpertemperatur und dadurch schnelles Frieren
Plötzliches Verlangen nach stark salziger Nahrung
Übelkeit und Erbrechen
Schmerzen, zum Beispiel in den Gelenken oder Kopfschmerzen
Gewichtszunahme und Fetteinlagerungen
Sinkende Libido
Bei Frauen Menstruationsbeschwerden wie unregelmäßige oder ausbleibende Perioden
Erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten und verlängerter Genesungszeitraum
Haarausfall

Einzelne Symptome machen noch keine Nebennierenschwäche aus, stattdessen treten bei Betroffenen mehrere Symptome zusammen auf. Beobachten Sie bei sich oder einer anderen Person mehrere dieser Symptome, ist ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Dort erhalten Sie einen Hormonspeicheltest, der das Cortisol-Tagesprofil erfasst und den Sie selbst zwei- bis fünfmal zuhause durchführen. Ein Labor wertet anschließend den Test aus und übermittelt das Ergebnis dem Arzt.

Behandlungsmöglichkeiten bei Nebennierenschwäche

Fällt der Test auf die Unterfunktion der Drüsen positiv aus, muss ein Behandlungsplan formuliert werden. Eine medikamentöse Lösung ist dabei nur eine Möglichkeit. Viel wichtiger ist, dass der Betroffene Entspannungsphasen in seinen Alltag einbaut. Zudem muss er die Ursachen der Krankheit aufspüren und eliminieren. Das gelingt am besten mit therapeutischer Begleitung und nimmt mindestens mehrere Monate in Anspruch. Bis zu zwei Jahre kann die Behandlung dauern.

Um den dauerhaften körperlichen oder mentalen Druck zu beenden, müssen die beruflichen und/oder privaten Stressfaktoren minimiert oder im Idealfall sogar ganz entfernt werden. Eine Therapie ist ein guter Ansatzpunkt, um zum Beispiel eine Lösung für Probleme in privaten Beziehungen zu finden. Wer vor allem Stress im Job erlebt, beispielsweise durch Mobbing oder anstrengende Schichtarbeit, wird in schwerwiegenden Fällen dazu angehalten, eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Je mehr Stressquellen erfolgreich bekämpft werden, desto größer ist die Chance auf Heilung.

Zusätzlich sollte der Betroffene seine Lebensweise optimieren, um weitere Störfaktoren auszuschließen. Ein gleichmäßiger Tagesrhythmus und ausreichend ungestörter Schlaf sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Hier ist es wichtig, dass sich der Patient schrittweise an neue Lebensgewohnheiten gewöhnt. Er sollte nicht überfordert werden und seinen kompletten Alltag von heute auf morgen umkrempeln müssen. Dies führt meist nur zu einer kurzfristigen Änderung, lässt sich aber nicht dauerhaft durchhalten. Ziel ist es, dass der Patient neue, gesunde Gewohnheiten lernt und diese nach einer Weile automatisch ausführt.

Ergänzend dazu brauchen Körper und Geist regelmäßig Entspannung. Der Betroffene muss lernen, bewusst Auszeiten zu nehmen. Dabei kann ein Bad oder eine Entspannungstechnik wie Meditation helfen.

Eine gesunde und regelmäßige Ernährung unterstützt die Genesung weiterhin und verhindert Mangelerscheinungen. Neben eiweißreicher, zuckerarmer Nahrung sind vor allem Vitamine und Mineralien wichtig. Wer an einer Nebennierenschwäche leidet, benötigt unter anderem viel Vitamin C, Vitamin B5 und Magnesium. Sie fördern den Regenerierungsprozess und helfen dem Körper, sein Gleichgewicht wiederzufinden.